Gedanken zum Tod unseres Freundes Sally Perel
Wer das Glück hatte Sally Perel persönlich zu kennen, war beeindruckt von seiner Lebensklugheit und Freundlichkeit, seinem tiefgründigen Humor und seinerVitalität, mit der er noch im hohen Alter die Begegnung und den Austausch mit uns Deutschen suchte.
Sein Erleben als in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland geborener Jude, die Verfolgung durch die Nazis, sein Überleben unterfalscher Identität – all dies ist vielfach beschrieben, besonders in seinem Buch „Ich war Hitlerjunge Salomon“.
Welche Kraft hatte Sally, dass ihn der Hass auf Juden, den er täglich in Braunschweig erlebte, die damit verbundene Todesangst vor Entdeckung, die Ermordung vieler seiner Angehöriger, nicht verbittert haben? Und dass er trotz alledem immer wieder das Gespräch besonders mit jungen Menschen suchte, um seine Erfahrungen weiterzugeben.
Ich erinnere mich an eine Betriebsversammlung bei uns im Volkswagenwerk Braunschweig, im Jahr 2013. Sally trat an das Rednerpult, nach wenigen Sätzen war plötzlich Ruhe in der großen Versammlungshalle. Er sprach über Respekt und Toleranz, über das Gift des Rassismus und Antisemitismus, über die immer noch vorhandene und wachsende Gefahr faschistischer Umtriebe und Organisationen in Deutschland. Keine Zwiegespräche mehr in den Reihen, gebanntes Zuhören, großer Beifall, große Zustimmung. Nicht anders war es auf etlichen weiteren Veranstaltungen mit ihm, die ich miterlebte. Nicht zuletzt die große Demonstration am 30. November 2019 anlässlich des AfD-Parteitages in Braunschweig. Welche Stille lag über dem Platz, als Sally sprach.
Meine Kinder erlebten ihn erstmals in ihrer Schule, damals hieß sie noch IGS Volkmarode. Nachhaltig beeindruckte er die Schülerinnen und Schüler, sie verstanden seine Botschaften: „Nie wieder dürft ihrzulassen, dass Nazis wieder Einfluss und Macht erhalten, tretet ein für Respekt und Toleranz, gegen Rassismus, Antisemitismus und Gewalt, für eine sozial gerechte Gesellschaft!“ Es war der Beginn vieler Aktivitäten, Schülerinnen und Schüler beteiligen sich bis heute mit verschiedensten Themen am Sally-Perel-Preis, forderten die Umbenennung ihrer Schule. Heute trägt sie seinen Namen.
Mit vielen tausend Jugendlichen und Erwachsenen in der ganzen Bundesrepublik und auf ungezählten Veranstaltungen, hat Sally Perel im Laufe von drei Jahrzehnten gesprochen. Alle – wie auch uns – berührte er zutiefst mit seinen Worten über sein Leben, seinErleben und seinen Schlussfolgerungen daraus.
Eine große Persönlichkeit und ein wichtiger Zeitzeuge ist gegangen, ein Grund zu trauern und zu wissen: Wir stehen in seiner Pflicht – nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
Heinrich Betz
für das Forum gegen Rechts e.V.
Auf der Internetseite des NDRs sind einige Videos über Sally Perel und seinen Lebensweg zu finden.
„Hitlerjunge Salomon“: Sally Perel mit 97 Jahren gestorben | NDR.de – Nachrichten – Niedersachsen